„Makhdoumin“ erzählt vom Handel mit Dienstmädchen im Libanon
Leise und unsichtbar
Ein eigenes Hausmädchen zu haben ist im Libanon sehr verbreitet und nicht nur auf Familien der Oberschicht begrenzt. Im Libanon kommen auf vier Millionen Einwohner rund 200.000 ausländische Hausangestellte. „Maids“ werden sie genannt. Sie sind Kindermädchen, Hausmädchen, Pflegerinnen.
Durch die Fenster sind nur Schatten und Umrisse der Dienstmädchen bei der Arbeit zu erkennen. Sie kommen aus den Philippinen, Indien, Äthiopien oder Sri Lanka. Sie suchen Arbeit, um ihre Familien zu ernähren. Sie werden losgeschickt, um Geld zu verdienen. Sie suchen ein besseres Leben. Dafür haben sie zu Hause ein Stück Land verkauft oder sich Geld geliehen, um dann über Vermittler eingeschleust und in einem der libanesischen Haushalten zu arbeiten.
Sie sind „Mädchen für alles“ – still und unauffällig – ihrem Arbeitgeber oft bis zum Äußersten ausgesetzt. Sie dürfen das nicht Haus verlassen, arbeiten oft ohne Pausen oder Ruhetage, werden angeschrien und geschlagen. Von Männern wie von Frauen.
Maher Abi Samra, libanesischer Regisseur des Filmes MAKHDOUMIN (A Maid for Each) ist selbst mit Kinder- und Hausmädchen aufgewachsen. Erst als er selbst nach einem Hausmädchen suchte, begann er sich mit der Situation der Frauen auseinandersetzen. „Es hat lange gedauert, bis ich so weit war, einen Film darüber zu drehen.“, erzählt er.
In seinem Film verfolgt Maher Abi Samra den Alltag der Vermittlungsagentur al Raed in Beirut. Zu dem Agenten kommen Familien, die Angestellte suchen: für die Kinder, für die Oma, für den Garten, für den Haushalt. Zwei ältere Frauen sitzen auf Lederstühlen und blättern Seite für Seite durch den Katalog, begutachten die biografischen Steckbriefe, reden über Alter und Gesundheitszustand der Frauen und tauschen sich darüber aus, wie gehorsam, belastbar und arbeitswillig die angebotene Kandidatin ist.
Eine Frau aus den Philippinen steht höher im Kurs als eine Frau aus Bangladesch. Man wählt, was man sich leisten kann und was das Angebot hergibt.
Gibt es Probleme, weil eine Frau nicht ihren Anforderungen entspricht, vielleicht krank wird oder andere Wünsche hat, nämlich täglich mit ihrer Familie zu Hause zu telefonieren, wird der Agent wieder aufgesucht. Man hat ein 3-monatiges „Rückgaberecht“, danach wird es teuer.
Freimütig erläutert der Inhaber der Agentur das Geschäftsmodell und zeichnet die Routen der legalen oder illegalen Einreise nach. Die Aufenthaltsgenehmigung der Frauen ist an ihren Arbeitsvertrag gekoppelt. Die Polizei greift auch dann nicht ein, wenn die Frauen um Hilfe bitten. „Die Polizei steht auf unserer Seite“, sagt der Chef ungerührt.
Maher Abi Samra gibt einen tiefen Einblick in das System des Handelns mit den Dienstmädchen. Es gelingt ihm, eine sehr nahe Beziehung zwischen dem Agenten, seiner Sekretärin und den Kunden aufzubauen. Er ist für die Dauer des Films ihr Komplize, um denen die Augen zu öffnen, die es als normal empfinden, Dienstboten unter oft unmenschlichen und menschenverachtenden Bedingungen zu beschäftigen.
Maher Abi Samra erhielt für seinen Dokumentarfilm MAKHDOUMIN den Friedensfilmpreis 2016 .