Weibblick - Magazin aus Frauensicht

Magazin aus Frauensicht

Danke für den Tipp

Neulich hat Marta wieder mal gekocht. Sie hat sich ein Cordon Bleu gebraten. Wie das Cordon Bleu aussah, kann ich auch nicht sagen, ich habe es nicht gesehen, die Küche war blau. Ich habe lediglich gerochen, was passiert sein muss: Der Duft von verbranntem Käse hing noch zwei Tage in der Wohnung.

Seit Marta, eine junge Journalistin aus El Salvador im verwaisten Zimmer meiner Tochter wohnt, lerne ich mich neu kennen. Marta ist 26 und damit eine andere Generation als meine 18-jährige Tochter. Aber sie könnte, betrachtet man allein Martas Jugendlichkeit, ebenfalls mein Kind sein. Ich verspüre häufig den Impuls, Marta übers Haar zu streichen oder ihr den Joghurt aus den Mundwinkeln zu wischen.

Marta ist Sportreporterin und liebt Fußball. Jeden Sonntag schaut sie sich Spiele an und schreibt darüber für eine Zeitung in ihrem Land. Sie geht zu Pressekonferenzen und fragt den Redakteuren der deutschen Zeitung, bei der sie ein Praktikum macht, Löcher in den Bauch. Sie ist schlau und lustig, sie spricht mehrere Sprachen. Aber als sie das erste Mal in ihrem Leben Nudeln kochte, stand sie in meiner Küche.

Sie füllte meinen größten Topf randvoll mit Wasser. Den Topf benutze ich zweimal im Jahr, ich koche darin Kürbissuppe und Chili con carne für meine Partys. Marta stellte den Topf auf den Herd und fragte nach fünf Minuten, ob sie nun die Nudeln ins Wasser kippen könnte. Ich sagte, das Wasser müsse erst kochen. Ach, sagte Marta, das dauert doch viel zu lange, und ließ die Spirellis in den Topf platschen. Das Wasser schwappte über, lief über den Herd auf den Boden. Ich atmete tief durch und verbot mir, irgendetwas zu sagen. Sie ist nicht deine Tochter, rügte mich ein irgendwie pädagogisches Über-Ich, lass sie einfach kochen, wie sie es für richtig hält. Und sei nicht so spießig, das bisschen Wasser!

Weitere fünf Minuten später probierte Marta, ob die Nudeln weich waren. Waren sie offensichtlich, denn Marta schob den Topf vom Gas. Aber wie kriegt man die Nudel nun aus dem Topf auf den Teller? Ich sah förmlich, wie diese Frage in ihrem Kopf kreiste. Du musst das Wasser abgießen, sagte ich. Marta schaute mich ungläubig an. Also half ich ihr. Unterdessen schraubte Marta ein Glas Fertigsoße auf, sie wollte sie kalt über die Nudeln kippen. Willst du die Soße nicht besser warm machen, fragte ich. Marta lächelte und nickte. Später, als sie satt und zufrieden den Teller von sich schob, lächelte sie noch einmal. Und sagte: Danke für den Tipp mit der Soße.

Ich lächelte auch. Und dachte: Ich kann auch Fischstäbchen mit Kartoffelpüree.

 

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